Das klingt einerseits logisch, andererseits spricht die Quellenlage dagegen. Denn das leichtere „Porter“ ist nur vermeintlich älter. In Wahrheit taucht der Begriff erst einige Jahre nach der Ersterwähnung von Stout in der Literatur auf. In einer Beschreibung der Londoner Biere von 1805 wird das Porter gar als „better known as Brown Stout“ beschrieben. Eine mögliche Erklärung für diese auf den ersten Blick seltsamen Fakten könnte die Politik liefern. Denn durch die Kriege, u.a. gegen Frankreich, waren die Steuern auf Malz und die dafür benötigten Rohstoffe Kohle und Koks seit dem Ende des 17. Jahrhunderts kontinuierlich gestiegen. Deswegen wäre es logisch, wenn die Brauer in der Konsequenz weniger Malz und mehr Hopfen verwendet hätten, um preisgünstige Biere herzustellen.
Wie auch immer die genaue Geschichte gewesen sein mag, auf jeden Fall entwickelten sich in der Folgezeit zwei verschiedene Bier-Interpretationen unter dem Begriff „Stout“. Einerseits das irische „Dry Stout“, das vor allem wegen der Guinness-Brauerei bis in die heutige Zeit überleben konnte, und andererseits „Sweet Stout“ und „Milk Stout“, welche die englischen Brauereien vor allem in London als kräftigere Version ihres Porters brauten. Letzte sind Thema eines weiteren Artikels, hier möchten wir uns dem Stil widmen, der auch heute noch für das Stout an sich steht, dem irischen mit seiner Geburtsstätte, der Guinness-Brauerei im heutigen Dublin. Sie hat ihren Ursprung im 17. Jahrhundert. An einem damaligen Stadttor, der St. James Gate, lag eine damals schon über 500 Jahre alte, wohlhabende Siedlung, die ab 1776 an den Grand Canal angeschlossen wurde und deshalb gerade für Brauer eine perfekte Infrastruktur mit bestem Getreide, Energie und bestens geeignetem Wasser bot. Zuvor scheint es um die Wasserversorgung nicht bestens bestellt gewesen zu sein, denn aus dem Anfang des 18. Jahrhundert ist eine Beschreibung des Bieres der St. James Gate Brauerei mit dem folgenden Worten zu lesen: „The beer was thin, weak, musty, and stale and worse than anything except the Ale.“
Dennoch ließ sich der damals 44-jährige Arthur Guinness nicht davon abhalten, 1759 die Brauerei zu pachten und sein halbes Vermögen zu investieren. Er unterschrieb den heute berühmten 9.000-Jahre-Pachtvertrag mit einer jährlichen Pacht von 45 Pfund. Allerdings wird die Brauerei nicht bis zum Jahr 10759 Pacht entrichten müssen. Vor einigen Jahren kaufte sie das ursprüngliche Areal von 4 Ar - und mittlerweile weitere gut 50 Ar dazu. Dieser lange Vertrag scheint erstaunlich, wenn man die Umstände der Mitte des 18. Jahrhunderts betrachtet. Damals überschwemmten billige Londoner Porterbiere den irischen Markt, durch günstige Zölle deutlich subventioniert. Damit waren sie eine große Konkurrenz für die bisher auf der grünen Insel üblichen Brown Ales. Der Umstieg auf helle Biere, Pale Ales, war durch die noch höheren Steuern auf solche Biere ebenfalls verwehrt. Die Antwort von Arthur Guinness war das Extra Strong Porter, das innerhalb eines Jahrzehnts sogar in die umgekehrte Richtung bis nach London exportiert wurde. Eine schöne Anekdote ist, dass der Gründer damals nach einer alternative Braustätte in Wales suchte, um die Wege zu verkürzen. Wäre er erfolgreich gewesen, würde heute kaum jemand über irisches Bier sprechen…
Um 1777 endete die Benachteiligung der irischen Brauereien durch die Krone, und Guinness nutzte die Lücke: Seine Brauerei stellte in den nächsten 20 Jahren komplett auf Porter um, von dem ein erheblicher Teil in den Export ging. Schließlich standen die Iren damals mehr auf Whiskey und Gin. Nachdem die ersten sechs Guinness-Fässer 1769 von Dublin nach London geliefert worden waren, erreichte das Bier um die Jahrhundertwende bereits die Karibik. Der steigende Export nach Übersee war wohl auch die Ursache für die Geburt des berühmten Guinness Foreign Extra Stout, das dank seines höheren Alkoholgehaltes den Transport über weitere Strecken besser überstand als die üblichen Porterbiere. Porter an sich blieb bis zu seiner Einstellung 1974 ununterbrochen im Angebot der Brauerei. Natürlich gab und gibt es in Irland auch noch andere Brauereien, doch Guinness hatte immer den bei weitem größten Anteil an der Bierproduktion. Um 1900 stellten die irischen Brauereien zusammen etwa 3 Millionen Barrel Bier her, von denen knapp 2 Millionen aus der Guinness Brauerei stammten.
Auch heute steht der Name Guinness für Stout, wie kaum eine andere Brauerei für einen Bierstil steht. Und erst die Craft Beer Welle sorgte ausgehend von den USA wieder für eine größere Verbreitung von Stout-Bieren, nachdem durch den Ersten Weltkrieg und seine Folgen der Bierstil in England so gut wie ausgestorben war. Die Grenzlinie zum Porter ist dabei auch im 21. Jahrhundert relativ dünn. Ganz generell kann man sagen, dass ein Porter eher etwas weniger Körper und mehr schokoladige Noten hat, wohingegen ein Stout einen kräftigeren Körper (aber nicht zwingend mehr Alkohol) und eher Kaffee-Aromen aufweist. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass das echte Guinness in den Pubs mit einem anderen Gasgemisch (mit Stickstoff) gezapft wird, woher die bekannte Schaumstabilität rührt. Es gibt auch spezielle Dosen mit einer entsprechenden integrierten Gaskartusche. Fass- und Dosenbier stammt in der Regel aus der Brauerei in Dublin. Außerhalb von Irland gebrautes, in Flaschen erhältliches Guinness Stout ist vom Grundrezept her ein helles Bier, das mit der speziellen Guinness-Essenz vermischt wird.
Autor: Markus Raupach
Fotograf, Journalist, Bier- und Edelbrandsommelier
Ausgezeichnet mit der Goldenen Bieridee 2015
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